Hank ist immer freundlich und nett. Zu allen. Er arbeitet bei der Stadt Hannover, deshalb ist seine Freundlichkeit so wichtig. Lächeln, lächeln, lächeln, egal wie es drinnen aussieht. Irgendwann ist ihm das Lächeln zur Maske gefroren, jetzt sieht Hank aus wie Wolfgang Lippert nach seinem Rauswurf bei „Wetten, dass..?“
Heute hat Hank einen Spezialauftrag, denn es ist ein ganz besonderer Tag. Sommersonnenwende, längster Tag das Jahres, der Zirkus ist in der Stadt. Irgendwas mit Fetenmusik. Alle sind da: Künstler, Bühnentechniker, Eventmanager, Stage Manager, Gastronomen, Ober- und Unterbürgermeister, schöne Frauen und wichtige Typen. Alle spielen mit. Hank darf auch mitspielen, aber nur eine Nebenrolle. Hank ist heute der lustige Infoboy vom Infostand über integrativen Rassismus. Sein Job ist es, dicken Touristen Handzettel zu überreichen, auf denen steht, was jeder einzelne dafür tun kann und so, und dabei moralisch gefestigt zu lächeln wie der mittelalte Wolfgang Lippert. Alles geht klar, alles läuft glatt, bis drei Künstler sich vor Hank aufbauen und ein Butterbrot von ihm verlangen. Sie hätten ihre schon gegessen und jetzt wollten sie noch eins, und er, Hank, solle es bitteschön besorgen. Aber zackzack. Künstler sind schwierige Typen, denkt Hank, sie sind umständlich, unersättlich, depressiv und wollen immer viel Brot. Wo Künstler sind, sind aber auch schöne Frauen nicht weit, und so lässt sich Hank auf den Deal mit dem Butterbrot ein. Er lässt alle seine Beziehungen spielen und kommt so in Nullkommanichts an die persönliche, private Nummer vom großen Boss, dem Generalmusikdirektor, der den ganzen Wahnsinn hier vordenkt und veranstaltet – ein ominöser „kleiner, braungebrannter Mann mit Glatze“, immer auf Achse, immer unter Strom, der nichts über integrativen Rassismus weiß, aber alles über Macht. Eine bange Sekunde des Schweigens am anderen Ende des Hörers lässt Hank an der Richtigkeit seiner Entscheidung zweifeln, doch dann geschieht es, das Wunder von Hannover: Ehe irgendwer auch nur bis drei zählen kann, bewilligt der Glatzenmann in einer fernmündlichen, exekutiven Ad-hoc-Entscheidung die Herausgabe eines weiteren, unplanmäßigen Butterbrotes an die Künstlertypen.
Spät am Abend kommt Hank erschöpft, aber glücklich nach Hause – zwar ohne schöne Frau an seiner Seite, aber mit einem fröhlichen „thank you for the music“ auf den Lippen.